Think!

Verfügte mein Gehirn über ein Repertoire dramatischer Gesten, würde es quasi jeden Morgen die Hände verrühren. "Alles schon mal gedacht!", meldet es jeweils resigniert, wenn sich des Chamäleons Denkwerk knarzend und quietschend in Bewegung setzt, um sich sofort irgendetwas Faszinierendem oder Unverständlichem zu widmen: Dem Einfluss von Fernsehsendungen auf die frühkindliche Prägung von Gewohnheiten und Vorlieben, dem Lohngefälle und dem grossen Geheimnis, das hierzulande daraus gemacht wird, der Daseinsberechtigung von Löwenzahn oder Zecken, der Vergänglichkeit des Daseins.
Aber: das Gehirn reagiert zunehmend gereizt auf solche Gymnastik: "Alles schon mal überlegt, reflektiert, zu Ende geplant, realisiert, verworfen. Alles schon gemalt, geschrieben, konstruiert und verkauft." meldet es ironisch, erlaubt einen kurzen Gedanken an die Millionen Dissertationen, die nahezu ungelesen in universitären Archiven zu Staub zerfallen und verlangt nach Drogen: dumpfe Fernsehserien, Frauenzeitschriften, Weblogs wie diesen, in denen Leute schreibend um Aufmerksamkeit heischen, die sie im realen Leben nicht bekommen. Es ist nicht dumm, das Gehirn und es weiss genau, wie es den trügerischen Schleier, der sich hochtrabend "Sinn" nennt, mit einem ratsch wegzurren kann. "Wozu denken, wenn alle Arbeit schon erledigt ist?" lässt es faul fragen - und man mag darüber gar nicht nachdenken.
chamäleon123 - 15. Mai, 08:23