Eltern, sprecht!

Elternsprechstunden gehören, ich erwähnte das bereits, zu den überaus unerfreulichen Aspekten des Elterndaseins. Selbst wenn die Schulleistungen von Wolf und Bär im absolut grünen Bereich liegen, so tauschen der Liebste und ich doch immer, immer, immer einen jener erschöpften Elternblicke, wenn einer von uns aus einer Elternsprechstunde nach Hause kommt.
Kürzlich zum Beispiel musste ich singen und tanzen. Wirklich. Ich meine: liebe LehrerInnen. Warum lasst Ihr uns nicht einfach einen kleinen Fragebogen ausfüllen? Warum müssen wir immer basteln? Zeichnen? Singen? Mit einem angestrengten Lächeln in die Hände klatschen und "Heirassa!" rufen? Uns vorstellen und so peinliche Sätze sagen wie: "Also. Grüezi (peinlich berührtes Lächeln), mein Name ist Soundso M. Chamäleon und ich wünsche mir für meinen kleinen Wolf (peinliche Denkpause, denn man wünscht sich ja unendlich viel für Wölfe und Bären), dass er mutig und stark bleibt." Andere sagen: dass Chiara-Vanessa viel lernt. Dass Donovan sein Inneres Kind nie verliert. Oder : dass Lars ins Gymi kommt und später Bankdirektor und ein erfolgreicher Börsenjongleur wird, wie sein Papa. Das denken sie zwar nur, aber sie meinen es.
Aber Basteln, Klatschen und Wünsche preisgeben ist Unterstufe. Auf der Mittelstufe geht es um nichts anderes als um den Ernst des Lebens und jetzt soll gefälligst auch der Bär mal merken, dass eine Schulkarriere kein Honigschlecken ist. Sonst kann er dann im Zirkus tanzen, an der Kette und mit Nasenring, wenn er sich nicht zusammenreisst. Man merkt rasch: die Methoden sind rüder. Der Blick zum Liebsten nach der Strafpredigt eine Spur hilfloser. Und man muss sich schon ziemlich Mühe geben, um nicht an seinem erzieherischen Basiskönnen zu zweifeln, nur weil der Bär keine ordentliche Kurzhaarfrisur hat und deshalb nie zuhört.
Deshalb führen wir nun eine Strichliste, der Liebste und ich: wer drei Elternabende ohne nachhaltige seelische Schäden überstanden hat, darf sich einen Tag elternfrei nehmen. Um, zum Beispiel, zum Frisör zu gehen. Kann ja der Berufskarriere nur förderlich sein, so ein ordentlicher Haarschnitt.
Pia Fankhauser - 1. Sep, 17:11

Mittlerweile kommen Prinzessin und Prinz ja ins Erwachsenenalter und so schwer die Pubertät auch für Eltern ist: wenigstens müssen wir nicht mehr basteln. Wer hat das eigentlich erfunden? Welchen pädagogischen Nutzen haben bastelnde, verzweifelte Eltern? Übrigens weigern wir uns, an den mittlerweile privaten Sprechstunden mit dem Klassenlehrer teilzunehmen. Datenschutz! Sollen Bären und Wölfe, Prinzessinnen und alle anderen doch selber sagen dürfen, warum sie Rasta-Locken und kurze Röcke tragen, obwohl man damit nie und nimmer Karriere macht und schon gar nicht gescheit sein kann.

chamäleon123 - 2. Sep, 13:19

Eine Prinzessin mit Rasta-Locken finde ich beeindruckend. Ich wünsche mir durchaus mehr Lehrkräfte mit Rasta-Locken und überhaupt. Eine gute Idee, das Sprechstundenschwänzen. Wir werden uns vorderhand darauf verlegen, den Bären - ganz ohne Kette und Nasenring - mit an die Sprechstunde zu nehmen. Wozu eigentlich sollen Eltern und Lehrkräfte über jemanden reden, der gar nicht anwesend ist? Das Basteln ist wahrscheinlich eine Art Einschüchterungstaktik. Jemanden mit zwei linken Bastelhänden ein Schächtelchen mit Glitzerpailetten bekleben zu lassen, muss eine ganz besondere Form der Genugtuung bieten...
testsiegerin - 1. Sep, 22:54

Sie bohren in offenen Wunden, Frau Chamäleon.
Mein Sohn (er wird im November 18 und besucht einen Berufsvorbereitungskurs) hat mir heute (am ersten Schultag) gesagt: Die Erzieherin hat gesagt, du musst unbedingt noch diese Woche in die Schule kommen.

Die Erzieherin weiß aber nicht, dass ich übermorgen in der Früh nach Deutschland fliege. Teils dienstlich, teils als Autorin, teils privat. Anständige Mütter fliegen in der ersten Schulwoche nie weg.

Und die Frau Klassenvorstand meiner Tochter ist immer noch sauer, weil sie mich noch nicht persönlich kennt.
Ich gestehe, ich habe eine chronische Elternsprechtagsallergie. Ich spüre es schon jucken.

Ich weiß nicht warum, aber mir fällt grad eine Episode aus dem Kindergarten ein. Die Kinder haben zum Muttertag hübsche Karten gebastet, die dann öffentlich ausgehängt wurden, und da stand unter anderem drin, "das macht meine Mama gern". Während bei den anderen Kindern so Sachen wie "Kochen, Bügeln, Putzen" stand, kannte mich meine Tochter besser. "In der Badewanne liegen, Lesen, Sekt trinken, Schreiben, Faulenzen", stand da. Mit einer Zeichnung dazu. Ich mit Leopardenstrümpfen und den roten Lackstiefeln.

Ich war gezeichnet fürs Leben.

chamäleon123 - 2. Sep, 13:26

:-D
Das Beste daran: Sie haben jetzt absolute Närrinnenfreiheit und können sich so lange in der Badewanne fläzen, wie Sie wollen. Aber geben Sie zu: insgeheim hat Sie dieser wundervolle Muttertagskartentext ganz fürchterlich stolz gemacht! Und ich könnte wetten, die anderen Kinder waren alle neidisch. Und die anständigen Mütter empört. Tstststs!
Aber: Himmel! Man muss auch noch in die Elternsprechstunde, wenn die 18 sind? Vielleicht müssen wir später auch noch mit ans jährliche Qualifikationsgespräch mit dem Schef, um die Schuld für alle erzieherischen Versäumnisse zerknirscht abzubüssen, bis an unser unseliges Ende (Herzschlag während der Elternsprechstunde).
testsiegerin - 2. Sep, 20:03

Du hast recht, ich hätte mir mein Töchterchen vorgeknöpft, wenn sie geschrieben hätte, dass Petit Point Stickerei und Fensterputzen zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Ich war schon ein bisschen stolz auf mein kluges Kind, das kapiert hat, was der Unterschied zwischen Pflicht und Kür ist.

Das gute, wenn sie älter werden ist die Tatsache, dass man nicht mehr an Buchstabentagen aus seinem Körper ein B formen muss. Ich bin auch erleichtert, dass ich nicht mehr jeden Herbst Früchte und Äste aus dem Wald bringen und zu Ostern Eier ausblasen muss.


gelesen:


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Sag, es tut dir leid


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Das CHAMÄLEON wechselt natürlich ständig die Farbe. Es läuft öfters rot an vor Wut wenn es wieder einmal an allem schuld sein soll, wird höchstens gelb vor Neid wenn es Reiseberichten anderer Leute zuhört oder ist ab und zu blau, weil es immer mal wieder die Luft anhalten soll. Der KLEINE BÄR ist mittlerweile gar nicht mehr sooo klein und muss derzeit hauptsächlich mit List und allerlei Tücke von seinem Nintendo Wii weg und zu den übrigen Freuden des Lebens hingeführt werden. Er verbringt gerne viel Zeit in seiner kuschligen Bärenhöhle und hält Schule für eine schlimme Verschwendung seiner Zeit. Der Bär ist von sanftem Charakter, aber ausserdordentlich eigensinnig. Und manchmal brummt er gehörig. Der KLEINE WOLF ist für jede Aktivität zu haben - ausser manchmal für Geschirrspülmaschine ausräumen. Er legt gerne weite Strecken zurück, auch in Wander- oder Schlittschuhen - und jagt unermüdlich nach süssem Naschwerk. Ab und zu knurrt er grimmig, heult wild und zeigt die Zähne. Macht aber gar nichts. Der LIEBSTE schliesslich ist eben einfach der Liebste. Meistens jedenfalls. Ferner wären da noch das überaus treue SCHLECHTE GEWISSEN. Und natürlich ERNST...

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