Das hagelt wieder Leserbriefe: Yolande, Hausfrau aus Ueberstorf, outet sich in der Migros-Kolumne von Bänz Friedli als spiessige Glucke und lästert - quasi zur Entlastung - boshaft über seidenmalende Hausfrauen:
«Tu uns den Gefallen: Fang nie, nie an mit Seidenmalen. Es gibt sogar zwischen den von Natur aus bünzligen und den umständehalber verbünzligten Hausfrauen Grenzen, die auf keinen Fall überschritten werden dürfen.» , mahnt sie unser aller Bänz, unser Sprachrohr, unsere männliche Vorzeigehausfrau.
Yolande lässt mich ratlos zurück. Obwohl ich nicht Seidenmale und nicht Macramee-Knüpple, bin ich etwas verunsichert. Was, wenn meine (spärlichen) Freizeitvergnügungen ebenfalls auf der Schwarzen Liste der vereinigten Spiessglucken stehen? Immerhin habe ich - auch wenn es 25 Jahre her sind - glasgeritzt,

gestrickt, emailliert, Perlen aufgefädelt bis die Finger bluteten u.v.a.m. Heute bin ich im Bastel-Bereich wesentlich zurückhaltender und diese Kreativeskapaden sind auch nur dadurch zu erklären, dass ich im Verwandtenkreis solche mit einem florierenden Bastelmaterialienhandel hatte. Dies als Entschuldigung, quasi.
chamäleon123 - 26. Sep, 21:13
was ich mag:
Duftend, belebend: den ersten Kaffee am Morgen.

Aber
was ich nicht mag:
das arrogante Blinken auf dem Display der Kafeemaschine, wenn sie am Morgen gleich als erstes meldet: "Trester leeren", und dann "Wasser nachfüllen" und als Krönung noch "Bohnenbehälter füllen". Und auch wenn man ihr dann endlich einen Kaffee abgerungen hat, blinkt sie einem hämisch hintendrein "Entkalkung muss gestartet werden. Noch 23 Bezüge möglich". Miststück, das.
chamäleon123 - 26. Sep, 09:59
Gestern mit Freundin I. darüber sinniert, wie es wohl wäre, jetzt einen klitzekleinen Spitalaufenthalt einzuschieben. (ja ja, ich weiss; darüber macht man keine Witze und man kann froh sein, wenn man kurz vor einer Erschöpfungsdepression steht man gesund ist und So vier, fünf Tage, gemeinsam natürlich, in einem Doppelzimmer und natürlich nichts schlimmes, ein unkomplizierter Blinddarm vielleicht oder eine Rachenmandeloperation oder sowas.
Jedenfalls: Doppelzimmer, lange Tage liegend im Bett, reden, lesen, Tv glotzen, die Liebsten mit sorgenvoll zerfurchten Mienen am Bett, mit BlumenChampagnerBüchern, bunten Zeichnungen und vielleicht einem Reisegutscheinchen, zur Erholung später. Dann gehen alle Liebsten wieder, die Grossen und die Kleinen, und wir bleiben im Bett, klingeln nach der Schwester, weil wir keinen Tee mehr haben und atmen auf, obwohl es auf der linken Bauchseite (oder ist der Blinddingsbums rechts?)/im Hals empfindlich zwickt. Keine Arbeit1 , die dringend erledigt werden muss bis allerspätenstens übermorgen. Keine Wäsche/Staub/eingetrockneten Pfannen. Kein Kindergartenbesuchstag. Keine ungeduldig anrufenden Chefs/Chefinnen. Keine Kompromisse. Keine Termine.
Ausser der Arztvisite. Und dem Fiebermessen, morgens um 6. Und dem pünktlichen Brechreiz nach dem Spitalküchennachtessen.
Vielleicht doch lieber nicht.
chamäleon123 - 24. Sep, 17:24
thanx to:
Gilbert
chamäleon123 - 24. Sep, 16:59
Die nie gegebene Antwort
Im Schutz der Anonymität willst du die Fremde sein,
die Frau, die wie ein Mann die Fäuste fühlt;
du willst Erniedrigung - und willst dein Blut
wie Meere unterm Vollmond aufgewühlt.
Du willst auch den, der dich vergass.
Sein Schatten ist es, der dich blendet.
Du weisst, dass alles weiterlebt, was endet.
Und brichst die Kraft, die er besass.
Du willst sie fühlen: deine tiefste Wunde,
die Männer, die wie Hunde sind.
Ganz innen aber, bei dir selbst,
bist du noch klein und ängstlich wie ein Kind
und kannst, wie Kinder, nur an Wirklichkeiten glauben,
die wirklich unwahrscheinlich sind.
Wolf Wondratschek: Die Gedichte
chamäleon123 - 24. Sep, 16:44
Vorurteile habe ich - ich gestehe es ein bisschen beschämt - unter anderem gegenüber
- zu modisch angezogenen Frauen
allzu offenkundig religiösen Menschen (der Liebste nennt sie, frei nach Mittermayer "Kumbaya-my-lord-Leute"
Metzgern
frenetisch irgendeinen Firlefanz lobpreisenden Esoterikerinnen
Sozialarbeitern
Tierstreichlerinnen (jene, die sofort auf die Knie gehen und gurrende Laute von sich geben, wenn sie einene Hund oder eine Katze sehen und den Tieren die Arme um den pelzigen Hals schlingen, ihre Nase in deren Fell vergraben und streicheln und streicheln und stre..)
Menschen ohne Bücher
Jägern
Autoliebhabern
Feng-Shui-Beraterinnen (siehe auch: Estoterikerinnen)
chamäleon123 - 22. Sep, 13:38
Auf was haben wir uns da bloss eingelassen? Während die Männer der Generation 40something oder besser nearly40 Romane schreiben über die Vergänglichkeit der Jugend und die zunehmende Verwirrung des männlichen Menschen in der Midlife-Crisis, während die Männer hektisch Haarwasser testen und die erste Anti-Faltencreme von Nivea for Men einmassieren, heimlich, haben wir dafür keine Zeit.
Unser Tag zersplittert in tausend Scherben, jeden Morgen, beim Versuch, alles reinzupressen, was wir uns unter einem erfüllten Leben so vorstellen: eine liebevolle Beziehung zum Liebsten, fröhliche und gesunde Kinder, eine Arbeit, die einem fordert, eine Wohnung, in der man sich wohl fühlt, Reisen, auf denen sich der Alltagsstaub wegpusten lässt und auf denen sich neue Perspektiven entdecken lassen.
So soll es sein.
Schnitt. Sentimentale Violinenkläne brechen ab. Mit dem Liebsten redet man tagelang nur noch Organisatorisches und streitet sich darüber, wessen Aufgabe es ist, das Altpapier rauszutragen. Die Kinder sind zwar fröhlich und gesund - aber das dumpfe Gefühl, eine ganze Menge falsch zu machen im Erziehungsbusiness lässt einem nie so ganz aus den Klauen. Die Wohnung ist ständig chaotisch, weil die Zeit zum aufräumen, putzen und waschen irgendwie einfach nie ausreicht. Und der Job, nun, bei einem Mama-üblichen Teilzeitstellenpensum von unter 50 Prozent muss man ganz schön schauen, dass man nicht zwischen die Fronten der jungen, ehrgeizigen und mit starken Ellbogen ausgestatteten Jungs gerät und sich in Staub auflöst. Bleiben die Reisen. Mit Kompromissen - Städtereisen statt Touren durch die Mongolei oder Feuerland - lässt sich das verzehrende Reisefieber zwar im Zaum halten. Was nicht ohne fiebrige Blicke zum Horizont abgeht und leise schwelendes Fernweh. (leise Geigenklänge
setzen wieder ein, untermalt von exotischen Trommelrhythmen..)
chamäleon123 - 15. Sep, 11:18
Mein Buchorakel, das funktioniert so: ich stelle eine Frage, meist eine ganz essentielle, eine grundsätzliche, eine, die mir unter den kurzgeschnittenen Nägeln brennt: Wird er immer so fürchterliche Witze erzählen? Wird mir eines Tages jemand eine Reise in die Karibik vor die Füsse legen? Bin ich eigentlich liebenswert? Retten die Weight Watchers mein Selbstwertgefühl? Warum gehen meine Zitronenmuffins (fettfrei!) nicht auf?
Dann mache ich die Augen zu. Zücke ein Buch, blind (okayokay: rechts stehen die Krimis. Da greife ich selten hin. Denn wem nützte ein Ratschlag wie Einmal hatte Geoff geschrieben, er könne sich vage an einen Kampf erinnern.?
Also blind zücke ich das Buch, links im Regal, schlage es auf, blind, und deute mit dem Finger auf eine Textstelle, blind. Da: der Orakelspruch. Die Antwort. Das Nachdenken. Die Erleuchtung. Die abgeklärte Weisheit.
Mein Buchorakel ist die einzige klitzekleine esoterische Anwandlung, der mein rationaler Geist heimlich die Hintertüre aufmacht und sie verschwörerisch zwinkernd hereinwinkt. Mir graut höchstens vor dem Tag, an dem ich mal Bukowski erwische, obwohl der ganz hinten steht. Oder den Reiseführer Yukon. Oder - schauder - die Weiber Nebel von Avalon.
chamäleon123 - 13. Sep, 22:12
Der Verschlepper sieht auf die Uhr, um zu wissen, wo er nicht hingehen darf, da man auf ihn wartet. An stillen Orten, die keiner kennt, verbringt er die Zeit, in der man ihn belästigen wollte. Sie vergeht sehr rasch, weil er nicht zu finden ist und sich gern die vorstellt, die nach ihm suchen. Für seine Unauffindbarkeit wird er hoch geachtet. Es wird angenommen, dass er sehr beschäftigt ist und da noch niemand erfahren hat, womit, muss man wohl glauben, dass es sich um besonders Wichtiges handelt.
Elias Canetti: Der Ohrenzeuge - Fünfzig Charaktere
chamäleon123 - 13. Sep, 22:00
Manchmal ist die Ironie so fein, einem Hauch blauer Eiseskälte in der flimmernden Goldhitze des Altweibersommers gleich.
Wohlan. Lasset uns
hier beten oder ein Kerzlein anzünden, auf dass uns leichter werde.
chamäleon123 - 13. Sep, 21:46

voll!
chamäleon123 - 12. Sep, 19:21
was ich mag:
Vollmond. Am liebsten dort, wo´s auch gleich heulende Wölfe gibt.
Was ich nicht mag:
das Basteln mit klebrigen Glitzerstiften auf winzigen Kindergartenstühlchen am Elternabend. Und die Kindergärtnerin schaut mir lächelnd dabei über die Schulter.
chamäleon123 - 6. Sep, 22:53
...mit diesem Layout? Warst Du das, Ernst??
chamäleon123 - 6. Sep, 13:11
Weil sich Besuch aus Down Under angekündigt hat, musste das BüroGästezimmerBibliothekSchmollstübchenIsolierstationA-Zimmer flugs umfunktioniert werden. Weil, der Gast pflegt bis in die Puppen zu schlummern, telefoniert dann durchschnittlich 265 Minuten und surft weitere 564 Minuten täglich im Netz.
Diese Gewohnheiten blockieren aber massiv Arbeit 1 sowie weitere nützliche und unabdingbare Alltagsbeschäftigungen meinerseits wie: Rechnungen bezahlen, Mails beantworten, in fernseh- und quengelloser Ruhe lesen sowie schmollen und seitenlange wütende und frustrierte Mails verfassen, die ich aber niemals abschicke, sondern als adäquaten Ersatz für eine ambulante Psychotherapie ausdrucke und ab und zu laut lese.
Das Zimmer ist jetzt also Büro, Bibliothek und geschlossene Abteilung C in einem, die Schmollcouch bleibt drin, das Gästebett wurde verbannt.
Nebenan gibts jetzt dafür ein (winziges, ha!) Gästezimmer, das an 256 Tagen im Jahr als gemütliche Höhle für Wölfe und Bären dient. Als Zweithöhle, sozusagen.
Und ich sortiere meine Bücher. Die sich in schwankenden Türmen auf dem Boden stapeln.

Und ich zerbreche mir wie jedesmal den Kopf über das ultimative Ordnungssystem: nach Autoren, nach Genres, nach Beliebtheit? Nach Farbe? Nach Grösse? Nach Verlagen? Nach ihrer Nutzungsfrequenz als Buchorakel?
chamäleon123 - 6. Sep, 11:10
Lue, das ist dHauptsach, dass du es machst wie eine gute Hausmutter! Die wäscht ab, sobald angerichtet und abgegessen ist, und ehe sie zu Bette geht, räumt sie auf, sieht nach, ob allenthalben alles in Ordnung ist, stellt jede Sache an ihren rechtenOrt, und was nicht in die Küche gehört, wirft sie draus, alles Ghüder in Kratten, um morgens auf den Mist zu wandern. Sieh, so mach es auch mit deinem Herzen! Putz es alle Abend aus von allem täglichen Unrat , was sich ansetzen will, was nicht hineingehört, wo es Gott wohlgefällt, damit du es am Morgen, gleich wenn das Tagwerk anfängt, wieder bei der Hand habest, die Geduld, die Sanftmut, die Freundlichkeit, den Frieden, die Liebe, und was alles Gutes und Schönes im Herzen sein soll (..)
Das nimmst viel zu schwer, und das kommt davon her, dass du meinst, es solle alles recht sein, was du machst. Das bessert dir hoffentlich, so gut als es mir gebessert, ich hatte es früher ungefähr auch so.
Die Mutter zur jungen Bauernfrau Stüdeli, die sich mit den Emmentaler Gebräuchen schwertut und heftiges Heimweh hat in Jeremias Gotthelf: Der Besuch (Erzählung)
chamäleon123 - 4. Sep, 10:43
ER hat sich wieder mal zu Besuch angemeldet, der Scheisskerl, aber nein: er meldet sich ja nie an, er nicht, denn er hats ja nicht nötig. Mit der Tür fällt er ins Haus, ins unaufgeräumte, und sagt mit dieser dämlich-forschen Stimme, die wohl lustig tönen soll oder aufgestellt oder was weiss ich. "Hallo Leute", sagt er, "hier bin ich wieder.", obwohl heutzutage ja keiner mehr "Hallo Leute" sagt, bloss der. Und dann lacht er sein dämliches Lachen und zeigt die fleckigen Zähne dabei. "Ich wollte mal wieder die Bude etwas aufmischen", sagt er, zwischen meckerndem Lachen, wie ein alter Ziegenbock und genauso riecht er eigentlich auch, "etwas Pepp in das müde Dasein bringen, den geruhsamen Alltag etwas überraschender gestalten."
Als ob mein Alltag müde wäre, mit Arbeit 1 und Arbeit 2 und Wölfen und Bären und dem Liebsten mit seinem unstabilen Blutzuckerspiegel. Und Pepp, aber hallo! Den verschaff ich mir lieber selber, ganz nach meinem Gusto und normalerweise hab ich Pepp genug. Was schliesslich das aufmischen angeht: in meiner Bude ist höchstens aufwischen angesagt und wenn er dazu Drang verspürt: bitte schön, der Besenschrank ist hinten links.
Aber das alles, das denke ich jedesmal nur, wenn er die Türe hinter sich zuknallt beim Hereinkommen. "Hallo Ernst.", sage ich bloss müde. "Hallo Ernst des Lebens."
chamäleon123 - 4. Sep, 09:49