aaaargh!
Unaufhörlich auf der Suche nach weisen und gelassenen Erziehungsmethoden erwäge ich nun die Anfertigung eines Schimpfwortstrafregisters. Einmal Spongebob gestrichen für einmal Arschloch, Arschgeige oder verfluchter Vollidiot, gnadenlose Dessert-Sperre für halt die Schnauze und alles, was sich auf knicken reimt.
Der kleine Wolf nämlich flucht wie ein Bauarbeiter und benutzt in der Wut Wörter, von deren Bedeutung er keinen blassen Schimmer hat. Gestern hat ihm der Bär die Bedeutung des unter talentierten Nachwuchs-Chauvinisten beliebten Ausdrucks "Hurensohn" erläutert - er braucht das Wort jetzt nicht mehr, der Wolf. Schwule Sau oder die adäquate Übersetzung eines mittlerweile auch in Mitteleuropa verbreiteten, sehr mutterbezogenen US-Ghetto-Fluches haben wir dem Kind ganz einfach erklärt, so dass es jetzt dieses Wort glücklicherweise megadoof findet und so peinlich, dass es sie nicht mehr benutzt. Schwul findet er dagegen cool, der Wolf, denn ausser Mama und vielleicht zwei, drei anderen sind Frauen tedenziell eher doof und einen Mann zu heiraten scheint ihm wesentlich verlockender. Mal sehen.
Bleibt die Frage des Fluch-Ersatzes. Mütterlich debile Vorschläge wie Donnerwetter! oder Krasnopolski! werden mit mitleidigem Lächeln abgetan. "Vielleicht", sagt der Bär, der gütlichen Lösung stets zugetan, "vielleicht sagen wir alle einfach: Arschlöchlein."
chamäleon123 - 21. Mai, 13:38
Manchmal gerät man in Panik und denkt, jetzt wächst es mir über den Kopf, aber solange man halbwegs den Überblick hat, ist es nicht wirklich gefährlich. Man gerät auch in Panik, wenn man anfängt zu putzen und aufzuräumen, weil man denkt, dass es reine Vergeudung von Zeit und Lebenskraft ist. In der Zeit liest du zwei bis drei Bücher oder sitzt in der Küche und denkst, und also ist Putzen und Aufräumen nicht einfach Zeitvergeudung, sondern die reinste Verblödung. Ist es.
Birgit Vanderbeke "Gut genug"
chamäleon123 - 15. Mai, 15:33
Des Bären Lehrkräfte sind erbost über seine brummige Schulaversion. Spuren soll er, der Bub und besser aufpassen. Ehrgeizig sein und emsig seine Laufbahn planen. Lauter reden und zackiger aufstrecken. Überhaupt: man wünschte sich ein gefälligeres Kind, etwas stromlinienförmiger und angepasster. Nein sagen lernen soll er zu gegebener Zeit, etwa dann, wenn man ihm in fröhlicher Runde eine Nase Koks anbietet. Jetzt soll er in der Pause gefälligst Äpfel essen wie alle anderen auch.
Aber: Auch die Duldsamkeit eines Chamäleons hat seine Grenzen. Die geneigten Lesenden erinnern sich: Alle Chamäleons verteidigen ihr Revier mit Drohgesten: Mit Pendeln des Körpers, Mundaufreissen und vor allem mit Aufblähen ihres Körpers. Das nennt sich: Elternsprechstunde. Auch wenn ich das mit dem Aufblähen vielleicht nicht so wörtlich nehmen sollte...
chamäleon123 - 3. Mai, 22:36
- Kleinkind brüllt beim Hüten. Nach dreistündigem Spaziergang verzweifelt nach einem Volkshochschul-Kurs gegoogelt: "Ausreden leicht gemacht - so sagen Sie sich ohne Schuldgefühle frei von lästigen Verpflichtungen"
- beim dreistündigen Smalltalk mit den Kleinkind-Eltern Wissensstand über Tante Elsies geschwollene Füsse, den Stuhlgang des Kleinkindes und ähnliche pikante Details immens erweitert. Den freien Tag unter "Pflege sozialer Beziehungen" verbucht.
- erste Recherchen über einen möglichen mehrwöchigen Aufenthalt in einem Zen-Kloster mit Schweigegelübde angestellt. Zen deshalb, weil mir die Katholiken trotz kürzlich erfolgter Abschaffung der Vorhölle zunehmend weniger geheuer sind. Auch denkbar wäre eine einsame kleine Hütte in den Alpen. Der Liebste müsste mir dann eben helfen beim Raufschleppen von Proviant und Schreibpapier.
chamäleon123 - 2. Mai, 11:24
Die Begeisterung darüber, an einem freien Tag entfernt verwandte Kleinkinder zu hüten, nimmt gemessen an der fortschreitenden Selbstständigkeit der eigenen Kinder ab und zwar mit rund der 1ofachen Multiplikation desjenigen Gefühls, mit dem man bei der entsprechenden Anfrage der entfernt verwandten Mama zähneknirschend "Ja dann halt." sagt, insgeheim darauf hoffend, dass die Mama angesichts der offensichtlich mässigen Hütebereitschaft doch noch einen Rückzieher macht.
chamäleon123 - 30. Apr, 10:21
Ich habe - ich schwöre es - nichts gegen spontane Besuche. Vorausgesetzt, die richtigen Leute machen sie. Und sie kommen zu einem Zeitpunkt, in der ich gerade Lust auf eine Stunde spontanes Geplauder habe.
Eher missgelaunt reagiere ich in der Regel auf spontane Besuche generell eher unwillkommener Personen an einem sonnigen Sonntagnachmittag. Leider sind wir dafür geradezu prädestiniert, da das Raubtiergehege samt Sandkasten und Fussballplatz an einer der beliebtesten Traditionssonntagsspaziergangsroute der ganzen Region liegt. Die Leute gönnen sich ein lukullisches Mittagsmahl, machen in Ruhe ein Schläfchen und verspüren dann den Drang zu ein bisschen Bewegung an der frischen Luft und einem Tässchen Kaffee bei uns. Sie spazieren. Und winken uns fröhlich über den Zaun.
Der Liebste flüchtet reflexartig. Seit langem schon wollte er den Keller aufräumen. Warum nicht jetzt? Und ich stelle mich taub.
Die Tatsache, dass niemand begeistert die Tür aufreisst, wenn der Spontanbesuch klingelt, schreckt diesen aber keinesfalls ab. Sie kommen einfach rein und rufen gutgelaunt nach uns. Der Liebste ist abgetaucht. Ich schweige so lange, wie es nur geht, um dann mit einem Gähnen unmittelbar vor den ungebetenen Gästen aufzutauchen. Jeder andere Gast würde jetzt erschreckt fragen: "Oh. Haben wir Dich geweckt?" Diese Gäste nicht. Sie strahlen in der unumstösslichen Gewissheit, genau die Ablenkung an einem so langweiligen Sonntagnachmittag zu sein, nach der uns jetzt gerade dürstet.
Wir setzen uns in den Garten. Ich bin so unhöflich, wie ich mich mit meiner guten Erziehung im Nacken gerade noch zu sein traue und serviere Wasser. Kaffee höchstens. Keine Kekse. Keinen Kuchen. Das eine Kleinkind der Besucher hat mittlerweile bereits dem Spiderman des kleinen Wolfs ein Bein ausgerissen, was einen wölfischen Wutanfall zur Folge hat. Das zweite Kleinkind stinkt und wird auf unserer Couch gewickelt. Das findet der kleine Bär dermassen entsetzlich, dass er mit Würgen in seinem Zimmer verschwindet. Ich werde ihm später beteuern müssen, sämtliche Kissen gewaschen zu haben.
Der Besuch sitzt im Garten. Und erzählt in epischer Länge von der Konsistenz des Stuhlgangs des jüngeren Kindes nach der letzten Darmgrippe (ansteckend! erst zwei Tage her!). Und von der Katze der Nachbarin, die ihren Stuhlgang wiederum - egal. Ich schaue mürrisch in die Wolken. Der Liebste bleibt verschwunden, nur ab und zu ist ein Scheppern zu hören.
"Ja", sagt der Besuch nach zwei Stunden, "wir müssen! Die Sonne geht jetzt ja auch schon langsam weg." Das ist das Stichwort für den Liebsten, der, Überraschung heuchelnd, aus dem Keller hochkommt. "Ach", sagt er, "ich hab euch gar nicht gehört!".
Heuchler. Aber wenigstens ist der Keller wieder einmal blitzblank. Und ich ringe ihm das Versprechen ab, dass ich nächsten Sonntag den Dachboden aufräumen darf, wenn es am Nachmittag klingelt,
chamäleon123 - 23. Apr, 13:56
Sehr gerne möchte ich mich mit dem Designer unterhalten, der die Waschabteile in den deutschen CityNightLine-Zügen gestaltet hat. Wohl durchdacht ist möglicherweise, dass die Flächen (zum Abstellen kleiner Etuis oder Beutel mit winzigen Zahnpastatübchen, einem zusammenklappbaren Zahnbürstchen und extra-kleinen Reise-Cremetiegelchen für das Befeuchten der Dino-Haut) dass die selbigen Flächen also sehr schmal gehalten sind. Denn man möchte ja vielleicht nicht, in fahrenden, rüttelnden Zügen, dass die Reisenden da einfach unbeschwert, ja gar sorglos ihre Beutel hinstellen und draufloszähneputzen oder -cremen. Wer unterwegs ist, soll achtsam sein, wollen uns die Designer vielleicht mahnen, wer reist, soll also auch darauf achten, dass die Beutelchen oder Etuichen im Gleichgewicht bleiben, sozusagen in der ewigen Balance der Dinge.
Nicht schlüssig bin ich mir dagegen, welche Botschaft uns die Gestalter mit der Positionierung des Ablagebrettes zwischen Waschbecken und Spiegel mitteilen wollen. Beugt man den Kopf nämlich zwecks Spülen des Mundes nach dem Zähneputzen zum Waschbecken, knallt man unweigerlich mit der Stirne auf die Ablage. Will man den Mund trotzdem von der Zahnpasta befreien, bleibt nur ein giraffenhalshaftes Verrenken, bis man sich zirka 3 cm über dem von unzähligen Fahrgästen bereits emsig bespuckten Chromstahl des Waschbeckens befindet. Geübte CityNightliner schaffen es, die Zahnpasta rauszuspucken, bevor sich einem der Magen gleich gänzlich..aber lassen wir das.
Es ist möglich, dass es hierbei um Demut geht, um Unterwerfung, um klagloses Anpassen an widrige Umstände. Was weiss ich schon über Zugabteildesigner.
chamäleon123 - 15. Apr, 20:58
Ich finde es wirklich gut, dass unser Ueli endlich mal
Klartext redet. Da klingeln doch die Glocken an der Narrenkappe gleich einen Ton heller und frau beginnt es nun doch vom Jurasüdfuss bis in den wilden Osten des Bündnerlandes zu dämmern:
Von wegen Volkspartei - oder höchstens jene der einigen Brüder. Die Schwestern sollen mal schön Milchsuppe kochen gehen. Höchste Zeit für Jasmin Hutter, einen Kochkurs zu buchen.
chamäleon123 - 28. Mär, 13:32
Möglicherweise ist das ein tiefenpsychologischer Hinweis: immer und ich meine wirklich jedesmal schreibe ich das Wort hertzlkch herzlich falsch. Zeit also, die an dieser Stelle auch schon thematisierten herzlkchen (sag ich ja!!) Grüsse endgültig fallenzulassen und nur noch beste, freundliche oder ganz einfach Grüsse zu verschicken. Oder bin ich ganz einfach kein herzlicher Mensch und sollte dringend etwas sensibler gegenüber meinen Mitmenschen werden? Was will mir mein Unterbewusstsein hier mitteilen?
chamäleon123 - 14. Mär, 09:43
Ich brauche dringend einen Knigge-Rat und zwar geht es ausnahmsweise nicht um knurrende Wölfe und brummige Bären, sondern um einen fleissigen, sehr jungen Mitarbeitenden, der mir zuweilen mehrere Stunden lang bei Arbeit 2 schräg gegenüber sitzt. Der junge Mensch spricht manierlich, sagt "Gesundheit" wenn ich niesse und beantwortet höflich gelegentliche Fragen. Aber - und die Gänsehaut kräuselt sich schon beim Gedanken daran auf meinen Armen - er bohrt ständig in der Nase, wenn er verlegen ist oder über etwas nachdenkt (und er ist eine ziemlich nachdenkliche Person, offensichtlich, oder sehr unsicher).

Und er benutzt kein Taschentuch zur Entsorgung der aus den grusligen Tiefen des Bohrlochs zutage geförderten Produkte. Nein. Er führt den Finger zum Mund, mit derselben Geistesabwesenheit, mit der er bohrt.
Und mir graut es weniger vor dieser doch ziemlich gewöhnungsbedürftigen Angewohnheit, als dass ich mich für ihn fürchterlich schäme. Sozusagen an seiner Stelle und das ist ziemlich seltsam. Vielleicht ein Mutterkomplex, eine spontane Erziehungszuckung, eins auf die Finger dem Knaben und Pfui.
Natürlich habe ich den
Buben Mann weder getadelt, noch gezüchtigt. Aber ansonsten habe ich alles versucht, ihn von seinem grässlichen Tun abzubringen: ich habe ihm extra in die Augen gestarrt und das während des Bohrvorgangs - aber er scheint sich irgendwie in Trance zu bohren und nimmt das Drohstarren nicht wahr. Ich habe mich geräuspert, habe ihm stirnrunzelnd zugeschaut und auch andere Mitarbeitende dabei ertappt: es hat was von der Faszination eines Gruselfilms, bei dem man die Szenen mit den Schleim- und Blutgespritze gar nicht sehen will, aber trotzdem den Blick nicht losreissen kann. Er bohrt. Und schluckt. Und fällt in Trance. Vielleicht gibt es Selbsthilfegruppen dafür. Für seine Mitarbeitenden, meine ich.
chamäleon123 - 3. Mär, 21:27